Techniklehrgang „Realistische Selbstverteidigung“: Schwätze, Schweiß, Schmerz und Tränen

Ungewöhnlich waren Anblick und Ansage am vergangenen Wochenende beim HJJV-Lehrgang „Realistische Selbstverteidigung“: Wo sich sonst die Ju-Jutsuka in (meist) weißem Gi nach Gürtelfarben geordnet zum Angrüßen aufstellen, reihten sich jetzt die und 50 Lehrgangs-Teilnehmerinnen und Teilnehmer in luftigen und strapazierfähigen Alltagsklamotten nebeneinander. Und die Ansage lautete (in bestem Badisch): „Wir treffen uns heute hier für Schwätze, Schweiß, Schmerz und Tränen“.

Nun, Tränen gab es keine, dafür aber „Schwätze“, sprich geballte Wissensvermittlung, viel Schweiß und durchaus auch den einen oder andern Schmerz. Als Referenten eingeladen hatte der HJJV Günter Beier (7. Dan Ju-Jutsu), Trainer A Breitensport, Präsident des Ju-Jutsu-Verbandes Baden – und vor allem auch Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Selbstverteidigung (AG-SV) im DJJV.

Günter brachte aus seinem reichen Erfahrungsschatz viel Hintergrundwissen als theoretischen Unterbau für die praktische Umsetzung. Die erste Trainingssequenz fand bei schönstem Wetter draußen vor dem Budo-Centrum der SVP statt. Da ging es dann unter anderem um „Schlagkompetenz“, also die wirkungsstarke Ausführung von Handballentechniken und Schlägen mit der Hammerfaust (ja, die Schulter hat gelitten…). Und Faustschläge auf die zur Deckung gehaltenen Ellenbogen des Partners zeigten einmal mehr, wie empfindlich die eigenen Fingerknöchel sein können.

Nach einer Pause ging’s drinnen weiter mit verschiedenen Möglichkeiten, eine Situation und den Gegner wirksam zu kontrollieren oder sich auch aus einem sogenannten „Bedrohungskreis“ zu befreien. Im letzten Abschnitt des vierstündigen Lehrgangs gab es nochmal Stress: Dreimal Befreiung gegen Belastung am Boden – erst ein, dann zwei und schließlich drei Partner (da können dann schon mal fünf bis sechs Zentner Gewicht zusammenkommen), dazwischen jeweils Sprints zur Tür.

Auf diese Weise ging der Techniklehrgang sehr kurzweilig zu Ende. Insgesamt eine spannende, lehreiche, nicht-alltägliche und unterhaltsame Veranstaltung mit einem Top-Referenten. Schön, dass man mal wieder über den JJ-Tellerrand gucken konnte…

Am Sonntagvormittag bot Günter zum Thema „Realistische Selbstverteidigung“ dann noch ein spezielles Szenarien-Training:

Das Setting: Ein Pärchen geht spazieren und wird durch Aggressoren in ein SV-Situation gezwungen. Das Pärchen hatte unterschiedliche Rollen. Die „beschützende Person“ wurde zusätzlich durch die zu schützende Person unter Stress gesetzt. Dabei kam es auch zu Schlagabtauschen, welche zum Teil auch mit dem Ruf „Break“ seitens des „Sicherheitspersonal“ beendet wurde. Das ganze Szenario wurde gefilmt. Nach dem jeweiligen Durchgang gab es eine individuelle Feedbackrunde. Dies führte bei den Protagonisten unter anderem zu erhellenden oder ernüchternden Aha-Erlebnissen.

Auch hier das Fazit: Alles in allem sehr lehrreich, gelungen spaßig und didaktisch gut umgesetzt.

Text: Ralph Boeddeker mit Andreas Rasche // Fotos: Daniel Abt, Andreas Rasche