Landeslehrgang – Messer ganz nah und mal anders herum

Jens Keckstein (6. Dan Ju-Jutsu, Präsident Breitensport HJJV) und Alexandra Tews (2. Dan, Prüfungsreferentin HJJV) haben am 24.08.2019, bei bestem Sommerwetter in die Sportvereinigung Polizei (budocentrum.de) geladen. Und 66 Sportbegeisterte folgten ihnen auf die Matte, um einen Einblick zu erhalten, was man gegen Messerangriffe vielleicht machen kann.

Das Wetter war wirklich perfekt, wenn auch nicht unbedingt für Training in der Halle. Das schien aber kaum jemanden abzuhalten, der Neugier zu dem interessanten Lehrgangsthema nachzugeben. Und niemand sollte enttäuscht werden.

Zuerst machte uns Alex warm, mit einem kurzen, aber sehr gut zu den nachfolgenden Bewegungsabläufen passenden Aufwärmprogramm. Zu diesem Zeitpunkt hatte Jens die Etikette auch so weit gelockert, dass die Jacke und der Gürtel optional waren.

Im ersten richtigen Trainingsabschnitt ging es dann sehr schnell in Drillfolgen mit dem Dreierkontakt. Der Angriff blieb dabei im Wesentlichen stabil, Angriffswinkel eins (also von rechts oben aus Sicht des Angreifers). Variiert wurde stattdessen neben dem bekannten nach oben oder unten ableiten die Stelle, an der der Angreifer geschnitten wurde. Der Angreifer? Ja, in dem Drill hatten beide ein Messer und es wurde fleißig zurückgeschnitten.

Wie bei allen nachfolgenden Übungen zeigten Alex und Jens jeweils verschiedene Möglichkeiten und stellten es den Teilnehmern frei, das Tempo der Variationen mitzugehen oder bei den vorherigen Techniken zu bleiben. Dadurch waren nach meiner Wahrnehmung alle Teilnehmer, von Anfängern, Ju-Jutsu fremden Budosportlern und Großmeistern alle gleichermaßen gefordert.

Nachdem durch die Drills die Betriebs- und Raumtemperatur weiter gestiegen war, begann der Block mit den Bedrohungsangriffen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Angreifer nicht unmittelbar (schwerste) Verletzung beim Opfer herbeiführen möchten. Stattdessen nutzt er sein Messer, um das Opfer zu bedrohen. Dies geschieht in der Regel durch Aufsetzen des Messers beim Opfer, zum Beispiel am Hals oder auf dem Bauch. Gleichermaßen unangenehm, besteht hier zumindest die Chance lebend und vielleicht sogar unverletzt aus dem Angriff zu entkommen. Die dafür beste Abwehr wurde ebenfalls einmalig demonstriert, in dem Alex dem „Mattenstrolch“ Jens einfach Ihr Portemonnaie übergab. Eine Option die jeder als erstes verfolgen sollte.

In diesem Block wurde nun das Messer am Bauch und am Hals durch den Angreifer angesetzt. Anschließend zeigten Alex und Jens jeweils die elementare Abwehr und anschließende Folgetechniken. Die Folgetechniken boten den Schülern Inspirationen für ihre eigenen Folgetechniken, diese waren aber von Alex und Jens explizit freigestellt. In diesem Block hatte auch, ganz klassisch, nur der Angreifer ein Messer.

Nach circa 1,5 Stunden, die nicht nur für mich, wie im Flug vergingen, wurde eine kurze Pause angesetzt. Diese wurde allgemein zur Erfrischung, zum Einsammeln der Pässe, für Vorbestellungen im Budopoint und natürlich auch zum Üben der bisherigen Techniken verwendet. In der Reihenfolge. 😉

Die zweite Session begann mit kontaktlosen Angriffen. Es wurden die Angriffswinkel 1-4 thematisiert, dieses Mal aus der Revershaltung, daher auch „anders herum“. Bei den Folgetechniken wurde je eine Variante für die typischerweise zwei „Druckrichtungen“ des Angriffs gezeigt. Mit Druckrichtung ist gemeint, in welche Richtung der Angreifer Druck ausübt, nachdem er zu vor vom Verteidiger gestoppt wurde. Beispiele dafür sind: weiter in Richtung des Angreifers oder zum Beispiel nach unten, in Verlängerung der Schnittbewegung.

Zum Ende wurde der kontaktlose Angriff um einen vorherigen Angriff ergänzt. Idee dabei ist es, den Realismus besser abzubilden. Jens erklärte, dass üblicherweise ein Schubser mit links den dann so verdeckten Angriff mit der rechten Messerhand vorbereitet. Neben dem Verdecken wird das Opfer so auch destabilisiert. Diese Form wurde im Wesentlichen gegen Angriffswinkel eins gezeigt, wobei Alex und Jens nach einem einfachen Block im Anschluss wieder die bis dahin gezeigten Techniken wiederholten. Neben Angriffswinkel eins wurde dann noch Angriffswinkel zwei (respektive vier) gezeigt, wenn der initiale Schubser für das Opfer zum Ausweichen des Angriffswinkels eins ausreichte. Die Angriffe zwei und vier waren demnach der dritte Angriff und somit Folge des fehlgeschlagenen ersten Angriffs aus Winkel eins.

Als letzte Einheit wurde dann noch mal der Partner gewechselt und die Wiederholung beliebiger Techniken von Alex und Jens eingefordert.

Danach wurde abgegrüßt und das Gruppenfoto gemacht.

Nicht nur mir, sondern auch alle anderen, die ich während und nach dem Lehrgang sprechen konnten, waren begeistert. Es war ein richtig toller, kurzweiliger und lehrreicher Lehrgang, der Lust auf eine Wiederholung macht. Im Namen aller Teilnehmer: vielen Dank liebe Alex und lieber Jens.

Im Anschluss daran wurden noch die Videoergebnisse des Szenarientrainings durch Fatma Keckstein (4. Dan, Frauenreferentin HJJV und Direktorin Zielgruppen DJJV) und Michael Richter (7. Dan, Seniorenbeauftragter und Ehrenpräsident HJJV) gezeigt. Natürlich nur für die Teilnehmer damals. Details dazu finden sich im Beitrag: https://blog.hjjv.net/2019/05/szenarientraining-in-hamburg/.

Bis bald auf der Matte,

Andreas

 

Fotos: Benjamin Schwarcz

Text: Andreas Lehmann

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