SelbstSicherheit im Dunkeln

 „Vermutlich werden zu Eurem Blinden-Seminar 3 Leute kommen – mit Glück 4 und das ist doch gut für den Anfang…“ So stimmte mich Joe, Hamburgs (vermutlich einziger) blinder Ju-Jutsuka ein, als ich ihm von dem Plan, ein Selbstverteidigungsseminar für Blinde und Sehbehinderte auszurichten, erzählte. Tatsächlich staunten wir dann aber über 20 Anmeldungen! Frauen und Männer zwischen 20 und 65 Jahren mit Sehbehinderungen machten mit, bei dieser ersten Ju-Jutsu Veranstaltung Ihrer Art in Hamburg. Glücklicherweise war auch das Interesse bei den Hamburger Ju-Jutsuka groß und so standen wir mit 7 Trainer*innen aus 4 Vereinen der Gruppe gegenüber. Schon das Ankommen am Trainingsort war anders als gewohnt. Damit unsere Gäste den Weg ins Dojo sicher finden, postierten wir Gastgeber*innen uns an der nahegelegenen Bahnhofsstation und vor dem Eingangstor zum Vereinsgelände. Zuvor hatten alle eine ausführliche Wegbeschreibung und unsere Handynummern erhalten, damit sie uns kontaktieren können, falls auf dem Weg vom Bahnhof zur Halle etwas schiefläuft. Mehrere Telefonate später, die etwa so gingen: „Ich bin jetzt aus dem Bahnhof raus und stehe vor dem Kino – wohin muss ich jetzt?“- „Bleib wo Du bist – wir kommen und holen Dich ab“, hatten wir uns aber alle glücklich zusammengefunden und konnten pünktlich beginnen. Zumindest für uns Sehende war dieser Start ganz schön aufregend – die Sehbehinderten nahmen es deutlich gelassener! Wir haben ehrfürchtig gestaunt über die Coolness, mit der sie sich auch im unbekannten Umfeld bewegten.
Auf der Matte beschäftigten wir uns mit Befreiungstechniken aus Festhalteangriffen und übten, Hammerfaustschläge gegen Angreifer auszuteilen.
Begeisterung lösten auch die Techniken aus, die den Gebrauch des Blindenlangstocks um die zusätzliche Funktion als Schlag-, Hebel – und Würgewerkzeug erweiterten.
Dabei hatten wir alle viel Spaß und als nach 3 Stunden das Ende der Veranstaltung erreicht war, fragte ich mich einen Moment, ob mit der Hallenuhr etwas nicht stimmt, so schnell war die Zeit vergangen.
In diesem Seminar konnten wir Ju-Jutsuka nicht nur etwas von unserem Wissen über die Selbstverteidigung weitergeben – wir haben auch gelernt wie wertvoll es ist, im Unterricht eine präzise und bildhafte Sprache einzusetzen. Davon profitieren übrigens alle Lernenden gleichermaßen – unabhängig von der Qualität ihrer Sehfähigkeit.
Vielen Dank an alle, die mitgeholfen haben, diesen Nachmittag zu ermöglichen und ganz besonders an Joe Löschke, der uns in der Planung als fachmännischer Berater zur Verfügung stand! Last but not least ein herzliches Dankeschön an den BSV19 e.V., der unser Seminar mit der Freigabe seines Dojos rettete! Ursprünglich war die Veranstaltung bei uns im NTSV e.V. geplant, aber durch eine Reservierungspanne stand unsere Waldsporthalle ausnahmsweise nicht zur Verfügung. Herzlichen Dank an alle, die dabei waren! Wir freuen uns schon auf den nächsten „Schlagabtausch“ mit Euch im kommenden Jahr!

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